|
|
|
Beispiel eines Prognosemarktes mit Berechnung (Sieger-Markt)
Hier wird das Handeln an einem Prognosemarkt ausführlich mit Zahlenbeispielen
beschrieben. Als Grundlage dient ein Markt zur Prognose von Kinobesuchern des neuen XY-Films. Hierzu wird ein sogenannter Sieger-Markt verwendet (Erläuterungen im folgenden Abschnitt).
Ein analoges Beispiel für einen Prozentual-Markt finden Sie hier.
Beispielmarkt
Als Beispiel dient ein Markt zur Prognose der Kinobesucher des neuen XY-Films am 1. Wochenende.
Der Prognosemarkt startet zwei Monate bevor der Film in die Kinos kommt und endet Mittwoch vor dem offiziellen Filmstart.
Kennzahlen werden mit Hilfe von Intervallen prognostiziert.
Hierzu werden Intervalle(=Aktien) gebildet, in denen sich die Anzahl der Kinobesucher befinden kann:
- I0010: Kinobesucheranzahl < 100.000
- I1015: 100.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 150.000
- I1520: 150.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 200.000
- I2025: 200.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 250.000
- I2530: 250.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 300.000
- I3000: 300.000 ≤ Kinobesucheranzahl
Die Kurzbezeichnungen (I0010, I1015, ...) setzen sich aus dem Buchstaben I und jeweils 2 Ziffern für die Unter- und die Obergrenze der Intervalle zusammen.
Die Kurzbezeichnungen dienen hier nur zur Vereinfachung des Beispiels, damit nicht immer die langen Namen der Aktien (=Intervalle) ausgeschrieben werden
müssen.
Die später offiziell festgestellte Anzahl der Kinobesucher wird in genau einem der Intervalle liegen.
D.h. genau ein Intervall trifft zu (Sieger-Intervall). Deshalb werden solche Märkte als Sieger-Märkte (oder Winner-Takes-All) bezeichnet.
Liegt die nach Marktende offiziell festgestellte Kinobesucheranzahl bei 210.000, so gewinnt I2025 und alle anderen Intervalle werden wertlos.
An diesem Markt handeln (ausnahmsweise) nur die drei Teilnehmer A, B und C.
A, B und C starten jeweils mit 1.000 €.
Erwartungen der Teilnehmer und ihre Strategien
Das Sieger-Intervall erhält am Marktende eine Auszahlung von 1 €, alle anderen Intervalle werden wertlos.
Das Handeln der Teilnehmer hängt nun in erster Linie von ihren Erwartungen an die (reale) Besucheranzahl ab.
A erwartet 180.000 Besucher. A nimmt außerdem an, dass die Besucherzahl auf keinen Fall weniger als 140.000 oder mehr als 220.000 sein wird. Nach seiner Abschätzung
fällt das Ergebis zu 60% in I1520 und zu je 20% in die angrenzenden Intervalle. Hieraus ergeben sich
direkt die Preise, die A höchstens bereit sein wird zu bezahlen (Kauf) bzw. die er mindestens verlangen wird (Verkauf):
- I0010: 0 % => 0,00 €
- I1015: 20 % => 0,20 €
- I1520: 60 % => 0,60 €
- I2025: 20 % => 0,20 €
- I2530: 0 % => 0,00 €
- I3000: 0 % => 0,00 €
B erwartet 220.000 Besucher und ist sich seiner Sache etwas sicherer als A:
- I0010: 0 % => 0,00 €
- I1015: 0 % => 0,00 €
- I1520: 10 % => 0,10 €
- I2025: 80 % => 0,80 €
- I2530: 10 % => 0,10 €
- I3000: 0 % => 0,00 €
C erwartet 140.000 Besucher, hält aber auch andere Intervalle für möglich:
- I0010: 20 % => 0,20 €
- I1015: 40 % => 0,40 €
- I1520: 30 % => 0,30 €
- I2025: 10 % => 0,10 €
- I2530: 0 % => 0,00 €
- I3000: 0 % => 0,00 €
Handel
In der folgenden Tabelle ist ein möglicher (kurzer) Handelsverlauf zusammengestellt. Es sind jeweils die Konten und die Depots
der Teilnehmer A, B und C aufgeführt. Zu besseren Übersicht werden jeweils nur die veränderten Werte angezeigt. Leere Zellen bedeuten also, dass
es keine Änderung zum vorhergehenden Eintrag gibt.
1. | Beginn des Marktes: Jeder Teilnehmer besitzt 1.000 € und noch keine Aktien |
1.000 € | 1.000 € | 1.000 € |
leer | leer | leer |
2. | A kauft 900 Aktiensätze. 1 Aktiensatz kostet immer 1 €. |
-900x1,00€ =100 € | | |
900xI1015 900xI1520 900xI2025 | | |
3. | A bietet 700 I2025-Aktien für je 0,40 € am Markt an (Verkaufsangebot). |
| | |
Depot unverändert aber 700xI2025 reserviert | | |
4. | B nimmt das Angebot von A an. |
+700*0,40€ = 380 € | -700*0,40€ = 720 € | |
900xI1015 900xI1520 200xI2025 | 700xI2025 | |
5. | A bietet 800 I1015-Aktien für je 0,30 € am Markt an (Verkaufsangebot). |
| | |
Depot unverändert aber 700xI1015 reserviert | | |
6. | C nimmt das Angebot von A an. |
+800*0,30€ = 620 € | | -800*0,30€ = 760 € |
100xI1015 900xI1520 200xI2025 | | 800xI1015 |
7. | C kauft 700 Aktiensätze. 1 Aktiensatz kostet immer 1 €. |
| | -700x1,00€ =60 € |
| | 1500xI1015 700xI1520 700xI2025 |
8. | C bietet 500 I1520-Aktien für je 0,50 € am Markt an (Verkaufsangebot). |
| | |
| | Depot unverändert aber 500xI1520 reserviert |
9. | A nimmt das Angebot von C an. |
-500*0,50€ = 370 € | | +500*0,50€ = 310 € |
100xI1015 1400xI1520 200xI2025 | | 1500xI1015 200xI1520 700xI2025 |
10. | C möchte etwas mehr Bargeld haben und verkauft 200 Aktiensätze. |
| | +200x1,00€ =510 € |
| | 1300xI1015 0xI1520 500xI2025 |
11. | B unterbreitet ein Kaufangebot für 400 I2025-Aktien zu je 0,60 €. |
| Konto unverändert, aber 240€ reserviert | |
| | |
12. | A nimmt das Angebot von B teilweise an (200 Stück). |
+200*0,60€ = 490 € | -200*0,60€ = 600 € | |
100xI1015 1400xI1520 0xI2025 | 900xI2025 | |
13. | C nimmt den Rest des Angebots an (ebenfalls 200 Stück). |
| -200*0,60€ = 480 € | +200*0,60€ = 630 € |
| 1100xI2025 | 1300xI1015 0xI1520 300xI2025 |
14. | Marktende (Mittwoch vor dem Kinostart) Zwischenstand |
490 € | 480 € | 630 € |
100xI1015 1400xI1520 0xI2025 | 0xI1015 0xI1520 1100xI2025 | 1300xI1015 0xI1520 300xI2025 |
15. |
Ungefähr eine Woche später liegt die offizielle Besucheranzahl vor und der Markt kann abgerechnet werden.
Die Besucherzahl lag bei 185.738. D.h. das Intervall I1520 (150.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 200.000) erhält eine Auszahlung von 1 €. Alle anderen Intervalle erhalten keine Auszahlung.
I1015: 0,00 €
I1520: 1,00 €
I2025: 0,00 €
I0010, I2530, I3000 wurden hier nicht weiter betrachtet, würde aber ebenfalls keine Auszahlung erhalten.
|
490 €
+100x0,00€
+1400x1,00€
+0x0,0€
= 1.890 €
|
480 €
+0x0,00€
+0x1,00€
+1100x0,00€
= 480 €
|
630 €
+1300x0,00€
+0x1,00€
+300x0,00€
= 630 €
|
verrechnet | verrechnet | verrechnet |
Auswertung
Das Beispiel demonstriert einen sehr kurzen Marktausschnitt zum Nachrechnen. Es fanden lediglich 5 Aktienkäufe/-verkäufe statt
- 4.: 700 Stück I2025 für 0,40 €
- 6.: 800 Stück I1015 für 0,30 €
- 9.: 500 Stück I1520 für 0,50 €
- 12.: 200 Stück I2025 für 0,60 €
- 13.: 200 Stück I2025 für 0,60 €
Klarer Sieger ist Teilnehmer A. Er konnte mit seiner Einschätzung bereits in
diesem kurzen Abschnitt seinen Einsatz fast verdoppeln (1.000 € => 1.890 €).
An diesem Beispiel werden weitere typische Merkmale von Prognosemärkten deutlich:
- Es fallen keine Transaktionskosten an.
- Aktiensätze können jederzeit für 1 € gekauft oder verkauft werden.
- Von allen Aktien ist immer dieselbe Stückzahl im Markt vorhanden (z.B. bei 9. 1600, bei 12. 1400). Lediglich die Verteilung zwischen den Teilnehmern ändert sich. Dies ergibt sich daraus, dass Aktien
nur durch den Kauf von Aktiensätzen in den Markt gelangen.
- Die Summe der Teilnehmerkonten ist im Anfang und am Ende identisch:
1.000 € + 1.000 € + 1.000 € = 1.890 € + 480 € + 630 €.
Dies liegt daran, dass Geld nur beim Kauf/Verkauf von Aktienkäufen und am Marktende zufließt bzw. abfließt:
- Kauf/Verkauf von Aktienkäufen: Hier wird ein Satz Aktien gegen 1 € getauscht.
- Marktende: I1015 + I1520 + I2025 = 0,00 + 1,00 + 0,00 = 1,00 €
Ein Satz Aktien wird also auch hier wieder gegen 1 € "getauscht". Allerdings sind
die Aktiensätze auf die Teilnehmer verteilt, so dass die Auszahlung für jeden Teilnehmer anders ausfällt.
Prognose
Aus den Preisen, zu denen die Teilnehmer die Aktien gehandelt haben, lässt sich bereits im Vorfeld eine Prognose ableiten.
Zunächst wird für jede Aktie der Preis berechnet, mit dem die Teilnehmer diese Aktie bewerten. Die gehandelten Preise
(siehe oben) werden dabei jeweils mit der Anzahl der gehandelten Aktien gewichtet:
- I1015: (800 x 0,30 €) / ( 800 ) = 0,30 € (I1015 wurde nur ein Mal gehandelt.)
- I1520: (500 x 0,50 €) / ( 500 ) = 0,50 € (I1520 wurde nur ein Mal gehandelt.)
- I2025: (700 x 0,40 € + 200 x 0,60 € + 200 x 0,60 € ) / ( 700+200+200) = 0,47 € (I2025 wurde drei Mal gehandelt.)
Aus diesen Bewertungspreisen der Teilnehmer wird nun für jedes Intervall die Eintrittswahrscheinlichkeit berechnet.
Dies entspricht einer Normierung der Bewertungspreise auf 1,00 €:
- Summe der Bewertungspreise: 0,30 € + 0,50 € + 0,47 € = 1,27 €
- I1015: 0,30 € / 1,27 € = 0,236 = 23,6 %
- I1520: 0,50 € / 1,27 € = 0,394 = 39,4 %
- I2025: 0,47 € / 1,27 € = 0,370 = 37,0 %
- Summe der Eintrittswahrscheinlichkeiten: 23,6 % + 39,4 % + 37,0 % = 100,0 %
Aufgrund der Berechnung ergibt sich immer 100 %. Die Intervalle bilden den gesamten möglichen Wertebereich ab (siehe oben). Aus diesem Grund muss die Summe 100 % ergeben.
Zur Verrechnung der Intervalle wird jeweils der Mittelwert des Intervalls verwendet:
- I1015: 100.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 150.000 : 125.000
- I1520: 150.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 200.000 : 175.000
- I2025: 200.000 ≤ Kinobesucheranzahl < 250.000 : 225.000
Hieraus ergibt sich als Prognose:
125.000 * 23,6 % + 175.000 * 39,4 % + 225.000 * 37,0 % = 181.700
Fünf Aktienkäufe/-verkäufe sind für eine aussagekräftige Prognose natürlich nicht ausreichend. Dennoch demnonstrieren Sie die
Berechnung des Prognosewertes. Bei den laufenden Prognosemärkten werden kontinuierlich zwei Prognosen berechnet:
- Eine Prognose auf Basis aller Käufe/Verkäufe innerhalb einer Stunde.
- Eine Prognose auf Basis aller Käufe/Verkäufe innerhalb eines Tages.
|
|